Ich habe beschlossen, ich mache eine neue Kategorie auf, einfach um mich aufzuregen – nicht, dass ich das auf diesem Blog nicht ohnehin doch öfter tun würde. Aber ich brauche eine Kategorie, die wirklich nur zum Aufregen ist! Also, damit ist sie geboren: „Die Pferdeprofis von Facebook!“.
Entgegen meiner früheren Parolen, bin ich noch immer fleißig auf Facebook unterwegs und like, lese, lästere in Gruppen für Pferde und ihre bekloppten Besitzer (ja, auch ich gehöre dazu, also darf ich Steine schmeißen!). Ein Thema, das durchaus immer wieder Anklang findet, ist das Thema Haltungsbedingungen. Ein wunderbares Thema! Wenn uns langweilig ist, fragen meine beste Freundin und ich in einschlägigen Gruppen nach der Präferenz der Leute:
Offenstall oder Boxenhaltung?
Auf diese Frage bewaffne man sich mit Keksen und lehne sich gemütlich im Heu zurück – denn jetzt wird es heiß. Fraktion Offenstall bewaffnet sich mit Appleboy-Gabeln, auf der anderen Seite ziehen die Boxenhalter mit massiven Eisengittern in die Schlacht. Und am Rand futtern die paar „Pferde gehören in die Wildnis“- Menschen Kleber.
An sich läuft diese Diskussion zunächst einmal relativ sachlich ab. Argumente werden ausgetauscht, jede Seite bleibt auf ihren Argumenten sitzen wie eine Legehenne auf ihrem Ei, bereit, jeden zu hacken, der ihr Gelege auch nur schief anschaut. Doch dann kommt die Erste, die stumpf über den leeren Graben stolpert, der noch zwischen den Fraktionen, die sich bisher nur mit Worten bekämpft haben, liegt: „Mein Pferd steht in der Box. Das hat nur den Grund, dass ich es schöner finde!“ Während ich selbst noch bete, dass es sich um einen Troll handelt und das Pferdchen in Wirklichkeit gerade Schutz im Unterstand seines Offenstalls vor dem Regen sucht, wird das Mädchen bereits von der „OS“-Seite gelyncht. Und unbeacbsichtigt hat sie nun auch den Krieg zur Eskalation gebracht. Ein sachlicher Austausch von Argumenten ist nicht mehr möglich, es fallen Beleidigungen auf persönlichster Ebene, allerdings auf dem Niveau von „Deine Mudda!“. Zu diesem Zeitpunkt hole ich die zweite Tüte Popcorn aus der Mikrowelle.
Als ich wiederkomme, ist bereits ein weiteres Argument aufgetaucht – ebenfalls von der Boxenfraktion – das meine Aufmerksamkeit durchaus erregt: „Mein Pferd ist überhaupt nicht für draußen geeignet, der mag seine Box. Seitdem steht er immer drin.“ Soooo… Schauen wir uns doch mal die Urform des Pferdes an, aus der 5000 Jahre Domestikation auch nichts anderes gemacht hat (viel zu kurz der Zeitraum, um grundlegende Züge zu verändern).
*Fluchttier
Man erzähle mir bitte noch einmal, dass ein Pferd in einer höchstens 16 qm-Box fliehen kann. Wenn da unten an seinen Füßen etwas raschelt, springt der dann einfach kreischend hoch und klammert sich an die Gitterstäbe? Mutti macht dem Pony bestimmt auch die Spinnenweben weg…
*Lauftier
Solch eine klassische Box bietet doch durchaus Platz zum Laufen. Im Kreis. Kann der Gaul auch mal selbständig schöne Zirkel üben. Auch mal durch den Zirkel wechseln. Und wenn er sich bis China durchgelaufen hat, schickt er eine Postkarte.
*Herdentier
Ich bin ja auch der Meinung, meinen Kontakt mit Mitmenschen nur noch durch Gitterstäbe zu führen. Ist auch und vor allem in einer Freundschaft und Partnerschaft durchaus förderlich – mal einen Nasenstupser reicht als körperlicher Kontakt. Wobei… dann muss ich auch weiter dummes Gelaber ertragen…. Lass uns mal die Boxenwände ganz hochziehen…
Damit will ich nicht abstreiten, dass ein Pferd auch mal seine Ruhe braucht und die Fütterung von Kraftfutter durchaus schwierig ist in einer Herde und manch einer in dem Stress nicht fressen mag. Doch wenn dieses Pferd konstant Stress im Offenstall hat, liegt das nicht am Kontakt mit seinen Artgenossen, der frischen Luft oder dem Platz, sondern schlichtweg am Management. Ein guter Offenstall ist nicht nur optisch schön, sondern hat eben auch genügend Heustellen und vor allem auch ein gutes Herdenmanagement, ohne alle, die dazu kommen, einfach zusammen zu stellen. Kein Pferd ist ein Boxenpferd! Selbst wenn sie abends freudig in die Box gehen. Denn: Was gibt es da oder hat es irgendwann mal gegeben? Richtig, Futter und zwar gutes, nicht das blöde Heu! Wenn ich jedes Mal dort Kuchen bekommen würde, würde ich mich auch über Nacht in eine kleine Kammer sperren lassen. Meine ganz private Kuchen-Kammer…
Diese Diskussion, die am Ende eher mit Dingen-werfenden Affen erinnert, hat mich eines gelehrt: Ich bin zwar viel für Leben und Leben lassen (solange es keinem Lebewesen schadet), aber es gibt schon dumme Argumente, die sich einfach nicht mit dem Lebewesen Pferd vereinbaren lassen. Bitte, liebe Leute, lasst nicht einen Offenstall eure ganze Meinung über Offenställe beeinflussen. Ja, es ist kacke, das Pony aus der letzten Ecke des Stalls zu holen während es in Strömen gießt und drei Stunden Schlamm aus dem Fell zu kratzen. Und ja, vielen Offenställen mangelt es an einer Halle oder Luxus für den Reiter. Aber steht nicht unser Pferd an erster Stelle? Sollte nicht das Pony glücklich sein und erst dann wir? Denn macht uns ein glückliches Pony nicht automatisch glücklich? Probiert es doch erst einmal mit einer Box über Nacht und tagsüber mit Paddock/Weide. Ich denke, euer kleines Lauftier wird es euch danken!
Glückliches Pony, steht an einem Offenstall mit Luxus für Pferd und Mutti